Account gesperrtSie haben Pornos rezensiert, dann warf Instagram sie raus

Selbst die penible deutsche Medienaufsicht hatte nichts zu beanstanden bei Porn Better, einer Website für feministische Porno-Rezensionen. Doch auf Instagram ist Porn Better gesperrt. Fachleute sehen die Pressefreiheit in Gefahr.

Bunte Montage. Ein Porträt der Gründerinnen von Porn Better. Eine saftige Kirsche. Ein durchgestrichenes Instagram-Logo.
Das Team hinter „Porn Better“: Evi (links), Esti (mitte), Luna (rechts). – Foto: Daniel Moull; Logo: Instagram: Kirsche: Vecteezy; Montage: netzpolitik.org

Porn Better, ein deutsches Portal für Porno-Rezensionen, ist auf Instagram gesperrt. Eine genaue Begründung dafür will die Meta-Tochter nicht vorlegen. Nicht nur die Betreiberinnen von Porn Better sehen in der intransparenten Sperre eine Gefahr für die Pressefreiheit. Alarmiert äußern sich auch Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte.

Auf Porn Better rezensieren Freundinnen aus Leipzig besondere und feministische Pornoseiten. Die Rezensionen handeln etwa von Produktionsbedingungen, Diversität und Transparenz. Vom Land Sachsen gab es dafür im Jahr 2023 eine Förderung. Sogar die in Sachen Pornos eher penible Medienaufsicht hatte beim Jugendmedienschutz von Porn Better nichts zu beanstanden. Mehr dazu haben wir Anfang April berichtet.

Bei Instagram allerdings hat Porn Better offenbar einen Alarm ausgelöst. Der US-Konzern ließ den Account bereits vergangenen Sommer sperren. In der breiteren Öffentlichkeit wurde das bislang jedoch nicht diskutiert.

Instagram hat den Betreiberinnen zufolge keine genaue Begründung vorgelegt, welcher Post gegen welche Regel verstoßen haben soll. Die Rede ist allgemein von einem „Verstoß gegen Gemeinschaftsrichtlinien zu sexuell motivierter Kontaktaufnahme durch Erwachsene“, wie aus dem Nachrichtenwechsel mit der Plattform hervorgeht. Die erwähnten Richtlinien umfassen eine Vielzahl möglicher Verstöße und lassen sich hier nachlesen.

Bitte um Erklärung perlt einfach ab

Bereits 2023 war der Instagram-Account von Porn Better aus diesem Grund gesperrt worden, jedoch nur für kurze Zeit. Instagram schaltete den Account wieder frei, nachdem die Betreiber*innen erklärt hatten, dass sie sexuelle Bildungsarbeit leisten würden. „Wir möchten uns für dieses Missverständnis entschuldigen“, hieß es damals von Instagram in einer generischen Nachricht.

Hilfesuchend wandten sich die Betreiber*innen also auch bei der erneuten Sperre an Instagram. Sie schilderten, dass sie die Sperrung nicht verstehen. Erneut erklärten sie, dass sie sexuelle Bildungsarbeit leisten würden. Sie seien dafür sogar staatlich gefördert worden. Im Fall eines konkreten, regelwidrigen Posts würden sie gerne verstehen, inwiefern sie gegen Richtlinien verstoßen hätten.

Geholfen hatte die Anfrage dieses Mal allerdings nicht. Der Account blieb offline. In einer generischen Antwort der Plattform gab es keine Erklärung über den genauen Grund.

„Haben uns schon freiwillig selbst zensiert“

Esti ist eine der Gründerinnen von Porn Better. Im Gespräch mit netzpolitik.org erinnert sich die studierte Kulturwissenschaftlerin an den Sommer 2024, als der Instagram-Account verloren ging. Die Sperre habe bei ihr Hilfslosigkeit ausgelöst und ein Gefühl der Willkür. „Wir haben Zeit und Arbeit reingesteckt“, sagt sie. Der Account habe mehrere Tausend Follower*innen gehabt. Einen Ausweich-Account hatten die Betreiberinnen zwar zunächst angelegt, aber nicht weitergeführt.

Gegenwind waren Esti und ihre Mitstreiterinnen bereits gewohnt. Im Jahr 2023 hatte die AfD-Fraktion im sächsischen Landtag gegen die staatliche Förderung des Projekts gewettert. Die Instagram-Sperren hätten sich in diese Anfeindungen eingereiht, berichtet Esti.

Banner mit Text: Koalitionsvertrag so: Überwachung und Rückschritt Ich so: Spende an netzpolitik.org

Immer wieder gibt es Fälle von Overblocking sexueller Inhalte auf Instagram. Darauf hatten sich Esti und ihre Mitstreiterinnen vorbereitet. „Wir haben primär informative Posts erstellt, unter anderem auch, weil wir eine Sperrung des Accounts oder das Flaggen einzelner Beiträge umgehen wollten“, sagt sie. „Wie andere Akteur*innen aus der Szene haben wir uns schon freiwillig selbst zensiert und mehrfach gegengecheckt, ob wir den Post so machen können.“

netzpolitik.org hat sich per Presseanfrage an Meta gewandt und wollte unter anderem wissen: Wie genau hat der Account von Porn Better gegen Plattform-Richtlinien verstoßen, sodass eine dauerhafte Deaktivierung gerechtfertigt ist? Inwiefern ist die Deaktivierung des Accounts nach Auffassung von Meta mit Presse- und Informationsfreiheit vereinbar?

Eine inhaltliche Antwort gab es nicht. Zunächst reagierte eine Pressesprecherin ausweichend. Erst nach einem längeren Telefonat lieferte sie eine Reihe von schriftlichen Reaktionen. Daraus geht etwa hervor, dass Meta den Fall sorgfältig untersucht habe und die Pressefreiheit respektiere. Zitiert werden wollte die Pressestelle mit diesen Aussagen allerdings nicht. Auf nochmalige Rückfrage, was denn dagegen spreche, hieß es: Es handele sich nicht um offizielle Stellungnahmen von Meta.

Offiziell will sich Meta in diesem Fall also nicht einmal zur Frage äußern, ob der Konzern die Pressefreiheit respektiere.

Reporter ohne Grenzen: „betrifft Freiheit der Berichterstattung“

Auf Anfrage von netzpolitik.org kritisiert die internationale Organisation für Pressefreiheit, Reporter ohne Grenzen, die Intransparenz der Plattform. Eine Sprecherin schreibt:

Wenn ein feuilletonistisches Angebot wie ‚Porn Better‘, das sich an geltende Jugendschutzstandards hält, von einer Plattform wie Instagram ohne nachvollziehbare Begründung dauerhaft gesperrt wird, betrifft das auch die Freiheit der Berichterstattung. Digitale Plattformen haben enorme Macht über Sichtbarkeit und Reichweite medialer Inhalte – umso wichtiger ist es, dass Sperrentscheidungen transparent, überprüfbar und verhältnismäßig erfolgen.

Die Sprecherin verweist auf das Gesetz über digitale Dienste (DSA), wonach Plattformen begründen müssen, warum sie Inhalte entfernt haben. „Der Fall zeigt, wie intransparent Plattformen nach wie vor entscheiden“, bemängelt die NGO.

GFF: Nutzer*innen über Gründe informieren

Auch von der Gesellschaft für Freiheitsrechte gibt es Kritik. Der gemeinnützige Verein schützt Grundrechte durch strategische Gerichtsverfahren. Relevante Grundrechte im Fall von Porn Better seien sexuelle Selbstbestimmung sowie Meinungs- und Pressefreiheit, wie GFF-Rechtsanwalt Jürgen Bering erklärt. Weiter schreibt er:

Der Fall zeigt mal wieder auf, wie wichtig es ist, dass Nutzer*innen über die genauen Gründe einer Sperrung informiert werden. Nur so können sie sich dagegen zur Wehr setzen. Für Meta hingegen ist es natürlich wesentlich einfacher, keine Erklärungen zu liefern. Sonst hätte sich das Unternehmen bei der Sperre nämlich mit den Fragen nach sexueller Selbstbestimmung und wie es mit feministischen Inhalten umgeht, auseinandersetzen müssen.

Porno-Rezensentin Esti zieht für sich ein düsteres Fazit. „Im Grunde ist sexuelle Bildung auf Instagram nicht möglich und anscheinend auch nicht erwünscht“, sagt sie. „Viele Menschen, die sexuelle Bildung betreiben, geben sich Mühe, sich an die Regeln zu halten, checken doppelt und dreifach, bevor sie etwas posten, und werden dann trotzdem aus nicht nachvollziehbaren Gründen gesperrt.“ Ansprechpartner*innen im Konzern gebe es dafür nicht. „Wir hätten uns gewünscht, dass ein Mensch uns Rede und Antwort steht, was genau nun eigentlich das Problem war.“

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

2 Ergänzungen

  1. Es ist ein grundsätzlicher Fehler, anzunehmen, kommerzielle Platformen wären eine digitale Öffentlichkeit und daher der Pressefreiheit oder ähnlichen demokratischen Prinzipien unterliegend.

    Sie haben weder den Anspruch, noch die Fähigkeiten das herzustellen.

    Wenn du Öffentlichkeit brauchst oder publizierst brauchst du eine eigene Platform/Blog/Website etc.

Wir freuen uns auf Deine Anmerkungen, Fragen, Korrekturen und inhaltlichen Ergänzungen zum Artikel. Bitte keine reinen Meinungsbeiträge! Unsere Regeln zur Veröffentlichung von Ergänzungen findest Du unter netzpolitik.org/kommentare. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.